Foto: IZB

„Die Biotech-Szene hat mich schon immer begeistert“: Christian Gnam über seine neue Rolle als IZB-Geschäftsführer

Seit April hat das Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IZB) mit Christian Gnam eine neue Leitung. Mit umfangreicher Erfahrung aus der Gründerszene und einer klaren Vision für die Weiterentwicklung des IZB, setzt er auf Vernetzung und Innovation, um den Biotech-Standort München weiter zu stärken. Mit uns hat er über seinen Werdegang, die Herausforderungen seiner neuen Position und seine Pläne für die Zukunft gesprochen. Als Speaker auf dem Munich Startup Festival wird er zudem die Bedeutung des Münchener Biotech-Clusters im europäischen Vergleich beleuchten.

Munich Startup: Zum 1. April hast Du die Geschäftsführung des Innovations- und Gründerzentrums Biotechnologie übernommen. Wie kam es dazu?

Christian Gnam: Bevor ich die Geschäftsführung des IZB übernommen habe, hatte ich in der Gründerszene bereits mehrerer Rollen mit unterschiedlichen Schwerpunkten inne. In den letzten fünf Jahren beim Insurtech Hub Munich (ITHM) lag mein Fokus auf Insurtech-Startups – dazu zählten auch Krankenversicherungen. Daraus sind starke Verbindungen zum Gesundheitssektor und zur Digital-Health-Szene entstanden. Im Rahmen meiner vorherigen Tätigkeit bei Invest in Bavaria durfte ich bereits eine Reihe von Biotech-Unternehmen bei der Ansiedlung und Expansion in Bayern unterstützen. Diese Erfahrung hat mir Einblicke in die Branche ermöglicht und mir geholfen, relevante Kontakte und Netzwerke aufzubauen. Die Biotech-Szene hat mich schon damals begeistert und ich freue mich, durch meine Arbeit beim IZB die Unternehmen und die Branche jetzt noch aktiver unterstützen zu können.

Munich Startup: Hand aufs Herz: Wie viel Respekt hast Du vor der neuen Aufgabe?

Christian Gnam: Das Management des ganzen IZB-Campus beinhaltet auf jeden Fall ein sehr breites Spektrum an Aufgaben. Angefangen von der Vermietung und Verwaltung der Büro- und Laborflächen über die Unterstützung der Biotech-Gründenden beim Wachstum bis hin zum Management des dazugehörigen Hotels und der Gastronomie. Genau diese Vielfalt macht den Job aber auch so spannend und ich freue mich jeden Tag, hier auf dem Campus zu sein, und neue Herausforderungen anzugehen.

Austausch fördern und Kontakte vermitteln

Munich Startup: Du warst zuletzt Geschäftsführer beim Insurtech Hub Munich und leitetest bereits das Investmentteam für Startups, Life Science, Energie- und Umwelttechnik sowie Chemie bei Invest in Bavaria. Wie kannst Du diese Erfahrungen für Deine neue Position nutzen?

Christian Gnam: Während jede Branche sicherlich ihre eigenen Herausforderungen für Startups hat, gibt es aber auch gleichzeitig Themen die industrieübergreifend sind. Oft sind Gründende, insbesondere am Anfang, extrem fokussiert auf die Entwicklung ihres Produktes. Dabei kommt schnell etwas zu kurz, das aber sehr wichtig ist: sich mit anderen zu vernetzen und auszutauschen und daraus neue Erkenntnisse zu gewinnen sowie Kontakte zu knüpfen. Und genau hier habe ich auch in meinen vorherigen Positionen angesetzt. Mit meinen Teams habe ich wichtige Kontakte vermittelt, Türen für die Startups geöffnet und damit deren Wachstum beschleunigt. Diese Unterstützung lässt sich auf alle Branchen anwenden.

Munich Startup: Du trittst die Nachfolge von Dr. Peter Hanns Zobel an, der die Geschäftsführung 28 Jahre innehatte und damit in große Fußstapfen: Was willst Du beibehalten – und was ganz bewusst anders machen?

Christian Gnam: Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass mein Vorgänger in den letzten drei Jahrzehnten unglaublich viel aufgebaut und in Bewegung gesetzt hat. Dieser großartige Campus, den ich übernommen habe, ist zu einem Großteil sein Verdienst. Gleichzeitig verändern sich aber auch die Anforderungen und Herausforderungen an die Unternehmen rasant. Unter anderem wird KI auch für Biotech einen großen Impact haben. Auf diese und weitere Entwicklungen werde ich eingehen und demensprechend auch Anpassungen vornehmen.

Biotech-Standort München

Munich Startup: Bayern und insbesondere München ist ein wichtiger Standort für Life-Science-/ Biotechnologie-Unternehmen. Wie hat das IZB dazu beigetragen?

Christian Gnam: Bevor das IZB 1995 gegründet wurde, gab es in München außerhalb der Institute und Universitäten keinen Ort, wo junge Biotech-Unternehmen starten und wachsen konnten. Mit der Errichtung des IZB wurde das ermöglicht und erfolgreiche Firmen wie Morphosys und Micromet sind hier entstanden. Seit der Gründung haben über 200 Unternehmen ihre Heimat im IZB gefunden. Zudem hat sich nach und nach neben der rein technischen Infrastruktur auch ein lebendiger Campus mit den benachbarten Instituten (Max-Planck und LMU) entwickelt, wo sich Gründende und Forschende vernetzen und gegenseitig inspirieren und unterstützen können. Insofern hat das IZB einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, München zu einem interessanten und wichtigen Standort für die Biotech-Branche zu machen.

Munich Startup: Du wirst in diesem Jahr auch als Speaker beim Munich Startup Festival dabei sein. Welche Rolle spielt Deiner Meinung nach das Münchner Biotech-Cluster im europäischen Vergleich?

Christian Gnam: In Europa gehört das Münchener Biotech-Cluster zu den Vorreitern der Szene. Die Mischung aus Universitäten, Forschungsinstituten, globalen Life-Science-Unternehmen, internationaler Anbindung, Präsenz von Venture Capital Firmen vor Ort und dem starken Industriemix bietet einen exzellenten Nährboden für Biotechgründungen. Andere Standorte in Europa entwickeln sich aber auch gut, daher dürfen wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen und müssen den Standort und die Rahmenbedingungen kontinuierlich weiterentwickeln. Darauf freue ich mich.

Mehr öffentliche Aufmerksamkeit wünschenswert

Munich Startup: Welche Erfolge haben Startups, die im IZB ansässig sind, in den letzten Jahren erzielt? Gibt es besondere Herausforderungen, denen diese sich in Zukunft stellen müssen?

Christian Gnam: Trotz der noch angespannten Lage auf dem Wagniskapitalmarkt konnten viele unserer Startups beachtliche Finanzierungsrunden im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich einsammeln, dazu zählen u. a. Tubulis, Insempra, Eisbach und Bind-X. Damit bleibt die Biotechszene eine der stärksten und interessantesten Zielbranchen für Fremdkapitalinvestitionen.

Was mich jedoch immer wieder verwundert, wie wenig Aufmerksamkeit die Startups und die Branche im Allgemeinen – gemessen sowohl an ihren Finanzierungsrunden als auch ihren signifikanten Technologienentwicklungen – in Deutschland bekommt. Hier würde ich mir mehr Interesse und eine größere Unterstützung in der Öffentlichkeit wünschen.

Internationale Vernetzung voranbringen

Munich Startup: Welche Pläne und Visionen hast Du für das IZB in den kommenden Jahren?

Christian Gnam: So breit wie das Aufgabenspektrum am IZB ist, so zahlreich sind auch die Themen, die ich in den kommenden Jahren anpacken will. Eines davon ist das Thema KI, das auch für die Biotech-Branche eine zunehmend größere Rolle spielen wird. Die meisten unserer Unternehmen nutzen zwar bereits KI für ihre Forschung, wir stehen aber vom Potential her erst am Anfang. Daher ist es mein Ziel, die Kompetenz am IZB-Campus in Bezug auf Anwenderwissen (gerne auch industrieübergreifend) sowie Infrastruktur deutlich auszubauen.

Große Technologieinnovationen – ob aus der IT oder der Biotechforschung kommend – passieren immer auf globaler Ebene. Mir ist es daher wichtig, die internationale Vernetzung mit anderen führenden Biotech-Forschungs- und Gründungsstandorten zu intensivieren, um den Wissensaustausch zu fördern. Dadurch können auf beiden Seiten sowohl mehr Investitionsaktivitäten als auch Kooperationsmöglichkeiten entstehen, woraus die Branche als Ganzes Nutzen zieht. Der Wissensaustausch kann aber gleichzeitig auch lokal noch weiter ausgebaut werden. Am Standort München und Bayern haben wir viele großartige Technologieinitiativen und Forschungskompetenzen, die Teilen unserer Community noch nicht bekannt sind und von denen sie profitieren könnten. Für diese und andere Maßnahmen werde ich auch mit unseren Partnern wie z. B. der Clusterorganisation BioM oder den benachbarten Spitzenforschungsinstituten eng zusammenarbeiten.

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