Die Gründer von Alrighty (v. l. n. r.): Daniel Rizzotti, Volker Meyer-Lücke, Sebastian Kroth
Foto: Alrighty

Alrighty: Vielfältiger Kaffeegenuss

Richtig guten Kaffee gibt es in Großstädten wie München mittlerweile an fast jeder Ecke. Was vielen KaffeetrinkerInnen dabei nicht bewusst ist: Die Industrie dahinter ist größtenteils unfair und steht vor einer Reihe von strukturellen Herausforderungen. Alrighty möchte dagegen angehen und bezieht seine Bohnen deshalb ökologisch, ökonomisch und sozial verantwortungsvoll – und fördert mit seiner Caretrade-Philosophie die Diversität in der Branche. Was sich dahinter genau verbirgt, hat uns einer der Gründer im Interview verraten.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr? 

Volker Meyer-Lücke; Gründer und CEO: Unser Ziel ist es, mit Alrighty Spezialitätenkaffee raus aus der Nische zu holen und die Branche fairer und sozialer zu gestalten. Dafür fördern wir die Underdogs im Kaffee und setzen einen besonderen Fokus auf den Schutz von Diversität. Denn: Der Kaffeesektor ist unfair und steht vor verschiedenen Herausforderungen – Intransparenz, strukturelle Diskriminierung, Umweltschutz oder Auswirkungen des Klimawandels, um nur einige zu nennen. Die aktuelle Generation im Kaffeeanbau wird älter und findet keinen Nachwuchs. Frauen haben in der Industrie für gewöhnlich kaum eine Chance, erfolgreich zu sein. Viele afrikanische Länder werden von Kaffee-Exportgrößen wie Brasilien oder Vietnam abgehängt. Unterm Strich bedeutet das, dass immer weniger ProduzentInnen und Herkunftsländer involviert sind. Das führt zu weniger Vielfalt – sowohl in der Branche als auch im Geschmack – und zum Verlust von Lebensgrundlagen in den Kaffeeursprüngen.

Kaffee neu gedacht

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst! 

Volker Meyer-Lücke: Mit Alrighty wollen wir Kaffee ganzheitlich neudenken. Dafür haben wir die Caretrade Philosophie entwickelt und unterstützen damit diejenigen, die bisher in der Kaffeeindustrie verhältnismäßig weniger Chancen haben: junge FarmerInnen, Frauen und FarmerInnen aus Afrika. Jede Alrighty-Bohne ist verantwortungsvoll bezogen – in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht. Alle FarmerInnen nutzen Tools wie Bodenanalysen, Diversifizierung von Kaffeefeldern oder Schattenanbau und leisten damit einen Beitrag zu umweltverträglicher Landwirtschaft. Wir zahlen durchgehend faire Preise, die deutlich über dem Börsenpreis liegen, um den FarmerInnen damit eine sichere Lebensgrundlage zu bieten und setzen uns darüber hinaus aktiv gegen die Gendergap sowie strukturelle und geographische Diskriminierung ein.

Bei der Verpackung verzichten wir auf Aluminium und nutzen nur sortenreines Plastik, damit man sie recyceln kann. Außerdem haben wir die erste Alrighty Rösterei in München eröffnet, wo mit einer bisher einmaligen, ressourcenschonenden Energieversorgung der Röster der Fokus ganz klar auf Innovation und Nachhaltigkeit liegt. Gleichzeitig ist die Rösterei ein Café und eine Eventlocation, wo in regelmäßigen Abständen Veranstaltungen rund um das Thema Kaffee stattfinden. Wir wollen gemeinsam die Branche positiv verändern, dabei Spaß haben und aufklären – ohne erhobenen Zeigefinger.

Eine Marke, die Spaß macht

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory? 

Volker Meyer-Lücke: Wir alle haben einen Hintergrund in der Getränkewelt, teilen eine leidenschaftliche Begeisterung für Kaffee und haben uns zum Ziel gesetzt, die Menschen im Kaffeeanbau in den Mittelpunkt zu stellen. Mein Mitgründer Daniel Rizzotti hat über zwei Jahrzehnte Erfahrung im Marketing und Vertrieb in den Bereichen Handel und Gastronomie gesammelt – unter anderem bei Dallmayr, wo wir uns kennengelernt haben. Nach dem Beginn meiner Kaffeekarriere 1988 bei einem Kaffeeröster in Bremen, war ich von 2000 bis 2022 Prokurist bei Dallmayr. Unser dritter Mitgründer, Sebastian Kroth, der zuvor 13 Jahre lang im Marketing bei The Coca-Cola Company tätig war, hat ebenfalls eine große Leidenschaft für Kaffee, immer einen frischen Blick auf unsere Themen und bereichert unser Team um eine neue Perspektive. Gemeinsam wollen wir mit Alrighty Kaffee neu denken, den Spezialitätenkaffee für den Mainstream zugänglich machen und eine Marke kreieren, die Spaß macht – ohne Verzicht auf Qualität und Haltung. 

Probleme auf dem Kaffeemarkt

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen? 

Volker Meyer-Lücke: Die größte Herausforderung war es, ein Unternehmen von Grund auf neu aufzubauen – das heißt, vom Bau der physischen Infrastruktur bis hin zum Vertrieb des fertigen Produkts. Im Moment ist der Kaffeemarkt dazu noch so herausfordernd, wie ich es in 35 Jahren noch nicht erlebt habe. Das macht die Beschaffung von Kaffee deutlich komplexer und schwieriger. Darüber hinaus wird die europäische Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) den Markt verändern. Das bedeutet: Für den Schutz von Klima und Artenvielfalt müssen Unternehmen ab dem 1. Januar 2025 sicherstellen, dass für Importprodukte wie Kakao, Soja oder Kaffee, die in der EU verkauft werden, Wälder weder abgeholzt noch geschädigt werden. Dies ist ein wichtiger Schritt für den Schutz der Umwelt. 

Gleichzeitig heißt das, dass für jeden Kaffee, der auf den europäischen Markt gebracht werden soll, exakt die Parzelle dokumentiert werden muss, in der er angebaut wurde. Das stellt insbesondere Smallholder in fragmentierten Kaffeeanbauregionen wie Äthiopien oder Kenia vor existenzielle Herausforderungen, denn wegen der Handels- und Vermarktungsstrukturen vor Ort lässt sich der exakte Ursprung der Bohnen oft nur schwer bis gar nicht feststellen. Sollte die Richtlinie nicht angepasst werden, wird sie vor allem den Kaffeebezug von den uns unterstützten Underdogs noch schwieriger machen.

Alrighty will Spezialitätenkaffee aus der Nische holen

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren? 

Volker Meyer-Lücke: Unser übergeordnetes Ziel ist es, qualitativ hochwertigen und verantwortungsvoll angebauten Spezialitätenkaffee aus der Nische und rein in den Alltag zu holen. In einem Jahr möchten wir unsere Präsenz im Handel sowie der Gastronomie weiter stärken. In fünf Jahren sehen wir ein Umsatzpotential zwischen 50 und 100 Millionen Euro, was einer Produktionsmenge von bis zu 5.000 Tonnen jährlich entspricht.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt? 

Volker Meyer-Lücke: Wir empfinden München – und insbesondere unseren Standort im Werksviertel – als optimale Location. Das Werksviertel ist ein pulsierender Spot, gehört zu den ambitioniertesten Bauprojekten und ist grün, urban und nachhaltig – womit es perfekt zu unserer Philosophie passt.

Munich Startup: Risiko oder Sicherheit?

Volker Meyer-Lücke: Vom Angestelltenverhältnis in die Selbstständigkeit zu gehen ist vermutlich immer ein größeres Risiko. Das Leben ist aber voller Risiken und man sollte aus meiner Sicht immer seiner Überzeugung folgen.

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