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7 Tipps für Unternehmen, um erfolgreich an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen

Die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen stellt für viele Unternehmen eine Herausforderung dar. Der öffentliche Sektor bietet immense Geschäftsmöglichkeiten, aber der Weg dorthin ist oft mit Hürden gepflastert. Komplexe Vergabeverfahren, strenge Compliance-Vorgaben und der Dokumentationsaufwand sind Stolpersteine, die Unternehmen überwinden müssen. Im Gastbeitrag erwarten Euch sieben Tipps, wie es gelingt.

Öffentliche Ausschreibungen bieten enorme Chancen. Der öffentliche Sektor ist ein stabiler und verlässlicher Auftraggeber, der oft langfristige und finanziell attraktive Projekte vergibt. Für Unternehmen, die es schaffen, die komplexen Ausschreibungsverfahren erfolgreich zu navigieren, eröffnen sich bedeutende Wachstumsmöglichkeiten. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen kann der Gewinn einer öffentlichen Ausschreibung den Durchbruch auf einem neuen Markt bedeuten und eine solide Grundlage für zukünftige Geschäftsbeziehungen schaffen.

Doch wie gelingt es, die Herausforderungen der öffentlichen Beschaffung zu meistern und die sich bietenden Chancen optimal zu nutzen? Eine sorgfältige Vorbereitung und strategische Herangehensweise sind hierbei entscheidend. In diesem Artikel stellen wir Euch sieben essenzielle Tipps vor, die helfen, Eure Erfolgsaussichten bei öffentlichen Ausschreibungen zu erhöhen und Euch als zuverlässiger Partner im öffentlichen Sektor zu etablieren.

Vorbereitung ist das A und O

1. Bedarfe analysieren

Vor der Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung ist eine umfassende Vorbereitung unerlässlich. Der erste Schritt ist eine gründliche Marktanalyse. Die Bedarfe von öffentlichen Stellen können sich von Euren bisherigen Geschäftskontakten im Privatsektor unterscheiden.

Stellt also sicher, dass es eine Nachfrage nach Eurem Produkt oder Eurer Dienstleistung im öffentlichen Sektor gibt. Identifiziert, bei welcher Stelle oder auf welcher Ebene (Kommune, Land, Bund, EU) die größte Nachfrage zu erwarten ist.

Erkundet auch die Wettbewerbssituation. Welche anderen AnbieterInnen sind bereits am Markt aktiv und haben mit den relevanten öffentlichen Stellen bereits zusammengearbeitet? Ein Alleinstellungsmerkmal kann entscheidend sein, um sich von der Konkurrenz abzuheben und die Aufmerksamkeit öffentlicher Auftraggeber auf sich zu ziehen.

2. Vertraut machen mit dem öffentlichen Beschaffungswesen

Die Art und Weise wie Ihr Aufträge im öffentlichen Sektor gewinnt, unterscheidet sich maßgeblich vom Ablauf im privaten Sektor. Dies hängt vor allem mit den Vorgaben des Vergaberechts zusammen, welches speziell für den öffentlichen Sektor gilt und den Beschaffungsprozess in weiten Teilen reguliert. Daher ist es wichtig, ein Verständnis für die Strukturen und Prozesse im öffentlichen Beschaffungswesen aufzubauen. Dies hilft nicht nur dabei, formale Fehler im Angebotsprozess zu vermeiden, sondern auch die spezifischen Bedürfnisse und Erwartungen der öffentlichen Auftraggeber besser zu verstehen.

Das Kompetenzzentrum innovative Beschaffung des Bundeswirtschaftsministeriums bietet Unternehmen zum Beispiel mit einem kostenfreien E-Learning einen fundierten Einstieg in die Thematik.

3. Zeitpuffer einplanen

Die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen erfordert Geduld und Ausdauer. Plant daher ausreichend Zeit ein, um alle Anforderungen der Ausschreibung sorgfältig zu erfüllen. Erfahrungen zeigen, dass der Prozess in Unternehmen mit jeder gewonnenen Ausschreibung effizienter wird. Ihr könnt Standards und Prozessroutinen entwickeln, die euren Aufwand für zukünftige Angebote reduzieren.

Tragt Euer Unternehmen in relevante Präqualifikationsverzeichnisse wie das Amtliche Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen (AVPQ) der Deutschen Industrie- und Handelskammer oder im Unternehmer- und Lieferantenverzeichnis des DTAD ein. Solltet Ihr in der Baubranche tätig sein, wäre der Verein für die Präqualifikation von Bauunternehmen e. V. eine geeignete Anlaufstelle.

Diese Verzeichnisse bieten den Vorteil, dass Eure Eignung und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen bereits geprüft sind. Dies reduziert den Aufwand bei künftigen Ausschreibungen erheblich und kann Eure Erfolgschancen steigern, da öffentliche Auftraggeber auf diese geprüften Listen zurückgreifen.

4. Proaktiv und frühzeitig Kontakt aufnehmen

Um die Erfolgschancen weiter zu steigern, ist es entscheidend, das eigene Unternehmen mit dem für den öffentlichen Sektor relevanten Lösungen bereits frühzeitig – außerhalb von aktiven Ausschreibungsphasen – sichtbar und bekannt zu machen. Dies kann durch gezielte Marketingmaßnahmen geschehen, die auf die Bedürfnisse und Anforderungen der potenziellen Auftraggeber zugeschnitten sind.

Öffentliche Auftraggeber stehen oftmals vor der Herausforderung, vor einer Ausschreibung den Bedarf spezifizieren bzw. funktional beschreiben zu müssen. Die hierfür notwendigen Produktkenntnisse verschaffen sie sich zumeist über Markterkundungen. Teilweise werden auch Lösungen gesucht, die es am Markt so noch nicht gibt. Daher sind für öffentliche Stellen die Markterkundung und die Kontaktaufnahme mit Unternehmen wichtige strategische Instrumente zur Vorbereitung einer Ausschreibung. Das Vergaberecht erlaubt bei berechtigtem Interesse und in standardisierten und dokumentierten Abläufen die Kontaktaufnahme mit Unternehmen.

Um sich bei öffentlichen Auftraggebern bekannt zu machen, könnt Ihr Euch beispielsweise kostenfrei auf dem KOINNOvationsplatz des Kompetenzzentrums innovative Beschaffung eintragen und Euer Unternehmen sowie Euer Produkt oder Eure Dienstleistung auf dem Marktplatz der Innovationen vorstellen.

Besonders relevant sind auch die so genannten Bedarfsträger in den Fachabteilungen. Sie sind in vielen Fällen die Nutzerinnen und Nutzer des Produkts und lösen die Beschaffung aus, indem sie ihre Bedarfe an die Vergabestellen kommunizieren. Häufig liegt die Aufgabe der Markterkundung und die daraus resultierende Leistungsbeschreibung bei den Fachabteilungen. Hier kommt Ihr als Unternehmen ins Spiel und könnt durch Zielgruppenmarketing Eure Lösungen bekannt machen.

Angebot an die öffentlichen Ausschreibungen anpassen

5. Kriterien prüfen

Lest unbedingt alle Unterlagen und Anforderungen der Ausschreibung genau durch und stellt sicher, dass Euer Angebot alle geforderten Kriterien erfüllt. Die Eignungs- und Zuschlagskriterien sind eine Art Checkliste, die im Angebot abgedeckt werden muss. Gleichzeitig sollten der Mehrwert für den öffentlichen Sektor und das Alleinstellungsmerkmal der Lösung deutlich hervorgehoben werden. Bei der Angebotserstellung unterstützen unter anderem die Auftragsberatungsstellen der IHKs, die in jedem Bundesland vertreten sind.

Falls Euch in den Ausschreibungsunterlagen sowohl inhaltlich als auch formell etwas auffällt, das unklar und für Euch nicht nachvollziehbar oder fehlerhaft ist, ist es ratsam, eine entsprechende Bieterfrage zu stellen. Alle Bieterfragen und die Antworten des öffentlichen Auftraggebers werden gemäß dem Transparenzgebot allen Beteiligten zur Verfügung gestellt und veröffentlicht.

6. Sprache der Angebote

Das Angebot sollte möglichst genau an die Anforderungen der Ausschreibung angepasst werden. Vermeidet also allgemeine oder standardisierte Verkaufsunterlagen, die Ihr auch im B2B-Bereich nutzt. Wenn Ihr Anglizismen bzw. Fachbegriffe im Angebot verwendet, erläutert diese gegebenenfalls.

Es gibt Dienstleister, die Angebotsunterlagen sprachlich und inhaltlich überarbeiten, sodass sie zu den Bedürfnissen der Auftraggeber passen. Falls Ihr Euer Produkt im öffentlichen Sektor ausrollen wollt, kann das eine sinnvolle Investition für den Einstieg sein. Oft reicht es aber auch, Ausschreibungen zu Übungszwecken zu lesen, um die wichtigsten Begriffe und Anforderungen kennenzulernen.

7. Aufbau von Referenzen durch kleinere Projekte

Um öffentliche Aufträge zu gewinnen, werden passende Referenzprojekte benötigt. Damit zeigen Unternehmen, dass sie ähnliche Aufgaben bereits gemeistert haben. Für Auftraggeber sind sie ein Beleg dafür, dass das Unternehmen den Auftrag umsetzen kann.

Beginnt mit kleineren Projekten, um Referenzen im öffentlichen Sektor aufzubauen. Bis zu einem bestimmten Auftragswert (je nach Bundesland variierend, siehe Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO)) können öffentliche Beschaffungsstellen Leistungen mittels Direktauftrag auch ohne aufwändige Ausschreibung einkaufen. Unterhalb des Schwellenwerts bleibt Ihr zum Beispiel, indem Ihr nur eine Teillösung Eures Produkts oder ein Lizenzmodell anbietet.

Darüber hinaus ist es möglich, als Teil eines Bieterkonsortiums oder als Unterauftragnehmer Erfahrungen zu sammeln. Diese Projekte helfen Euch, die spezifischen Anforderungen und Abläufe des öffentlichen Sektors kennenzulernen und bieten eine Grundlage, um sich für größere Ausschreibungen zu qualifizieren.

Weitere Informationen, Tipps und Ressourcen, die Startups und junge KMU beim Erschließen des öffentlichen Sektors unterstützen, findet ihr auch im KOINNO-Playbook.

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Gastbeitrag von Susanne Kurz und Anna März

Susanne Kurz, Stellvertretende Leiterin Kompetenzzentrum innovative Beschaffung (KOINNO) und Anna März Beraterin Innovation, VDI Technologiezentrum GmbH, und Referentin KOINNO, widmen sich mit Leidenschaft dem Ziel, junge, innovative Unternehmen und öffentliche Auftraggeber zusammenzubringen und so mehr Innovationen in den öffentlichen Sektor zu holen.

Ziel des KOINNO ist es, die Innovationsorientierung der öffentlichen Beschaffung in Deutschland zu stärken und den Anteil innovativer Beschaffungen zu erhöhen. So unterstützt es Beschaffungsstellen u.a. bei der organisatorischen Umstrukturierung sowie der Anwendung moderner Vergabeverfahren. Zudem fördert es die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Auftraggebern und Startups sowie KMU und möchte mit kostenfreien Angeboten dazu beitragen, dass mehr junge Unternehmen den öffentlichen Sektor für sich erschließen. KOINNO wird im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) durchgeführt.

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