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Womit beschäftigen sich Agtech-Startups?

Effizienz, Ertrag und Rentabilität durch Innovation steigern – dieses Ziel verfolgen die meisten Startups in ihrer jeweiligen Branche. Agtech-Startups kümmern sich dabei um die Land- und Forstwirtschaft. Welche Ansätze sie dabei verfolgen und welche Münchner auf diesem Gebiet tätig sind, haben wir für Euch zusammengefasst.

Der Bauer, der mit seinem kleinen Traktor über die Felder pflügt oder per Hand seine Kühe melkt – so sieht idyllisches Landleben schon lange nicht mehr aus. Die Landwirtschaft befindet sich seit Jahren in einem Veränderungsprozess, der die Betriebe teils erheblich herausfordert. Laut Agrarpolitischem Bericht 2023 haben zwischen 2010 und 2020 über 36.000 Betriebe aufgegeben. Demographischer Wandel, Klimaerwärmung und Globalisierung steigern den Handlungsdruck für eine zukunftssichere Landwirtschaft. Und genau da kommen Agtech-Startups ins Spiel, die mit ihren Innovationen versuchen, die ökologischen, klimatischen und ethischen Herausforderungen zu meistern.

Agtech, kurz für ‚Agriculture Technology‘, beschreibt dabei den Einsatz von Technologie und digitalen Lösungen in der Land- und Forstwirtschaft. Die Intention ist es, landwirtschaftliche Prozesse effizienter, nachhaltiger und produktiver zu gestalten. Agtech ist ein stark wachsendes Feld, das sowohl in industriellen als auch in kleineren landwirtschaftlichen Betrieben zunehmend an Bedeutung gewinnt. Ideale Voraussetzungen also für Startups, deren Lösungen schnell und effizient auf den Markt gebracht werden können.

Innovation für moderne Landwirtschaft

So vielfältig wie die Problemstellungen, so breit gefächert sind auch die Bereiche, in denen Agtech-Startups tätig sind. Dazu zählen unter anderem:

  • Präzisionslandwirtschaft: Einsatz von Sensoren, Drohnen und GPS-Technologie, um detaillierte Informationen über Bodenbeschaffenheit, Pflanzengesundheit und Wetterbedingungen zu sammeln. Diese Daten ermöglichen es LandwirtInnen, den Einsatz von Wasser, Düngemitteln und Pestiziden zu optimieren. Damit lassen sich der Ertrag maximieren und gleichzeitig die Ressourcen schonen.
  • Automatisierung und Robotik: Entwicklung von autonomen Maschinen und Robotern, die Aufgaben wie Pflanzenpflege, Ernte, Unkrautbekämpfung und Bewässerung übernehmen können. Diese Technologien reduzieren den Arbeitsaufwand und verbessern die Effizienz.
  • Indoor-Farming und Vertical Farming: Nutzung von LED-Beleuchtung, Hydrokultur und automatisierten Systemen, um Pflanzen in kontrollierten, vertikalen Umgebungen anzubauen. Dies ermöglicht den Anbau von Lebensmitteln unabhängig von saisonalen und klimatischen Bedingungen und kann näher an urbanen Zentren stattfinden. Dadurch reduzieren sich Transportkosten und CO₂-Emissionen.
  • Biotechnologie und Genetik: Entwicklung von gentechnisch veränderten Pflanzen und Mikroorganismen, die widerstandsfähiger gegen Krankheiten, Schädlinge und Klimaveränderungen sind. Diese Innovationen zielen darauf ab, die Nahrungsmittelproduktion in einer sich verändernden Umwelt zu sichern.
  • Nachhaltigkeit und Umweltschutz: Entwicklung von Technologien, die den ökologischen Fußabdruck der Landwirtschaft verringern, beispielsweise durch Reduktion des Wasserverbrauchs, Minimierung des Einsatzes chemischer Düngemittel oder Förderung regenerativer Anbaumethoden.
  • Digitale Plattformen und Marktplätze: Entwicklung von Apps und Online-Plattformen, die Landwirte mit Märkten, Lieferanten und Beratern vernetzen. Diese Plattformen ermöglichen einen besseren Zugang zu Wissen, Ressourcen und Absatzmöglichkeiten.

Agtech-Startups aus München

Farminsect: Auf den Bereich Futtermittel fokussiert sich Farminsect. Das Startup hat eine automatisierte Maschinenanlage entwickelt, mit deren Hilfe LandwirtInnen selbst Futterinsekten züchten können. Dabei nutzt das System Erntereste oder Überbleibsel aus der Lebensmittelproduktion. Auf diese Weise können die LandwirtInnen selbst Proteinfutter herstellen, anstatt auf importiertes Soja oder Fischmehl zurückgreifen zu müssen.

FoldAI: Das Startup FoldAI hat eine IoT-Lösung speziell für die Forstwirtschaft entwickelt. Mithilfe von Sensoren, die direkt an Bäumen befestigt werden, überwacht das System wichtige Parameter wie Luft- und Lichtqualität, CO2-Gehalt, Luftfeuchtigkeit und die biologische Vielfalt. Dadurch ist es in der Lage, potenzielle Gefahren für den Wald frühzeitig zu erkennen und deren Entwicklung vorherzusagen. Diese Technologie lässt sich auch in städtischen Gebieten einsetzen, um die Verkehrsplanung zu optimieren.

Inplanet: Inplanet setzt auf Enhanced Rock Weathering (ERW) und kombiniert damit fortschrittliche Landwirtschaft mit Klimaschutz. Bei dieser Methode werden große Mengen Gesteinsmehl auf Äckern in Tropenregionen ausgebracht, die das Potenzial haben, Gigatonnen Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu binden. Zusätzlich regeneriert ERW tropische Böden und düngt Nutzpflanzen. Dadurch können die Landwirte den Einsatz von Kalkstein, synthetischen Düngemitteln und Pestiziden reduzieren.

Nearbees: Nearbees bringt lokale Bienenhalter und Endverbraucher mit seiner Online-Plattform zusammen. Dort können die Verbraucher nach lokalem Honig von registrierten Imkern suchen und ihn sich per Post nach Hause liefern lassen. Die Plattform will damit nicht nur den Bienenhaltern – die die Imkerei meist nur als Hobby betreiben – bei der Vermarktung ihrer Produkte helfen, sondern auch einen Beitrag gegen das Bienensterben leisten.

Nomaze: Mithilfe von fortschrittlicher Phänotypisierung und maschinellem Lernen haben PflanzenzüchterInnen die Möglichkeit, Werte wie Ertrag und Krankheitsresistenz genau vorherzusagen. Bisher sind viele dieser Techniken nur für TechnologInnen und globale Konzerne nutzbar. Nomaze hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, diese Hightech-Tools mit seiner Software zu demokratisieren und auch kleine Betriebe davon profitieren zu lassen.

Orbem: Seit 2022 dürfen in Deutschland männliche Küken, für die es in der Eier-Industrie keine Verwendung gibt, nicht mehr getötet werden. Damit diese gar nicht erst ausgebrütet werden, bringt Orbem Bildgebungstechnologien wie die Magnetresonanztomographie (MRT) mit künstlicher Intelligenz zusammen. Mit dem ‚Orbem Genus‘ gelingt es, Hühnereier zu klassifizieren, bevor die Küken überhaupt schlüpfen.

Varolis: Varolis kümmert sich ebenfalls um das Artensterben der Bienen. Das Startup arbeitet daran, Lithiumsalze als Tierarzneimittel gegen die Varroa-Milben zuzulassen, die Bienenvölker weltweit gefährden. Durch die Bienen-Rettung will Varolis einen Beitrag dazu leisten, die landwirtschaftliche Nahrungsmittelversorgung sowie die ökologische Vielfalt und Stabilität zu sichern.

Zero Ex: Was Inplanet in Tropenregionen betreibt, bringt Zero Ex auf die hiesigen Äcker. Denn auch bei uns bindet Gesteinsmehl auf den Ackerflächen bei der Verwitterung CO₂ und verbessert nebenbei die Bodeneigenschaften. Das gebundene CO₂ gelangt in gelöster Form über Flüsse in den Ozean, wo es über mehrere tausend Jahre stabil gebunden bleibt. Für LandwirtInnen ergibt sich außerdem ein Nebeneinkommen: Für die Bereitstellung ihrer Felder sowie das Ausbringen des Gesteinsmehls bekommen sie eine Kompensation.

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